Ein Bericht von Elena Gehmayr

1984 fand zum ersten Mal der nun weltweit bekannten Wien Marathon (heute Vienna City Marathon) statt und damit startete der große Lauf-Boom über die Langstrecke in ganz Österreich. Zeitgleich gründete Josef Steiner, Olympiateilnehmer 1980 im Marathon, den ersten Lauftreff Wiens und war Anlaufstelle Nummer 1 für alle Laufbegeisterten.

Treffpunkt Schüttelstraße 9

Auf der einen Seite der Autolärm der Schüttelstraße, auf der anderen die im Dunklen schon fast unheimlich wirkenden Bäume des Wiener Praters. An einem Montagabend im Jänner2024 spazierte ich die Schüttelstraße entlang auf dem Weg zu Hausnummer 9, dem Sport-Treff-Schüttel. Von außen wirkt das Gebäude unscheinbar, eines neben vielen an der stark befahrenen Straße. Durch das Fenster durchdringende Licht wirkt es einladend, mit einem Klopfen wird mir die Tür geöffnet. Ich betrete den Raum, vor mir eine Gruppe älterer Herren, darunter Gerhard Konrath, die zum monatlichen Altherren-Lauftreff verabredet sind. Doch steckt mehr dahinter, denn diese Herren sind Teil der Laufgeschichte Wiens.

Laufszene Wiens der 1980er und die Entmystifizierung des Marathons

„Na du musst dir das so vorstellen, damals hatte das alles noch was mystisches und elitäres an sich. Wennst das gemacht hast wars schon äußerst beeindruckend,“ so schildert Gerhard Konrath, ehemaliger Besitzer des Laufshops Sport Konrath und begnadeter Läufer die Meinung zum Marathon in den 1980er Jahren. Doch dies sollte sich ändern. Im Jahr 1984, als zum ersten Mal der Wien Marathon veranstaltet wurde, machte 1985 Konrath weiter mit dem von Steiner gegründeten Lauftreff. Hier konnten sich motivierte Sportler zum gemeinsamen Training treffen, die Szene kennenlernen und an ihren Leistungen über die Marathon-Distanz feilen. Die Innovation daran: Es gab bereits einige Laufvereine, unter anderem den LCC Wien mit Dolfi Gruber, aber keiner war wirklich spezialisiert auf die Langdistanz und offen für jedermann. Doch mit der Gründung des Wien Marathons gab es immer mehr Interessenten, Konrath erkannte dies früh und wollte mit seinem Lauftreff diese Lücke füllen.

Suche nach einem geeigneten Heimquartier

Der Lauftreff wuchs schnell, die Montags- und Donnerstagstrainings wurden immer beliebter und zogen Laufbegeisterte an, die gemeinsam auf der Hauptallee im Prater trainierten. Doch es fehlte etwas, der Lauftreff hatte zwar einen Treffpunkt, aber kein wirkliches Zuhause. Natürlich, man wusste die ausgemachte Zeit und als Ort die Hauptallee, doch gab es kein Quartier, indem danach zusammengesessen, geduscht und gegessen werden konnte. So machte sich Gerhard Konrath auf die Suche. Vom Stadion über den Sportverein am Stawplatz, schlussendlich kam er zum Schüttel, einer renovierungsbedürftigen Erdgeschosswohnung an der Schüttelstraße, im Eigentum von Dolfi Gruber vom LCC. Das Problem, um daraus das passende Quartier für den Lauftreff zu schaffen musste einiges an Geld in die Hand genommen werden. Was der Lauftreff, der kein Verein war, nicht wirklich hatte. Finanziert wurde er über Sport Konrath, durch den Shop in dem Kunden motiviert wurden, zum Lauftreff zu kommen. Nachdem Dolfi Gruber im Jahr 1994 verstarb, ging das Lokal schlussendlich an Konrath über, er renovierte es und am 1. Jänner 1995 kam es zur Eröffnung des damaligen Racing Team Konrath mit den Größen der Laufszene in Wien (Foto).

Ein Bild, das Kleidung, Mann, Person, Im Haus enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Lauftreff schlägt Wellen

Durch die neu erlangte Unterbringung wuchs der Lauftreff immer weiter. Die wöchentlichen Trainingsläufe hatten zwischen 80 und 100 Teilnehmer, die in vier verschiedene Leistungsgruppen geteilt wurden. Ziel war es, den Laufsport für alle attraktiv zu machen, für die ambitionierten Spitzensportler auf der einen und die motivierten Laufanfänger auf der anderen Seite. Und auch ins Ausland kam der Lauftreff von Gerhard Konrath. 10 Jahre lang nahmen sie am New York Marathon, einem der Major Marathon weltweit teil, organisierten Reise, Startnummer und Unterbringung und flogen mit bis zu 100 Laufbegeisterten über den Atlantik. Trotz der breiten Wirksamkeit des Lauftreffs, das Zentrum blieb die Schüttelstraße Nummer 9. Ob zum gemütlichen Zusammensitzen nach den Trainingseinheiten oder zur Teilnahme an Laufseminaren und -veranstaltungen. Hier trafen sich die Begeisterten des Marathon-Sports.

Ein Bild, das Text, Zeitung, Papier, Veröffentlichung enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Sport-Treff Schüttel damals und heute Auch heute noch ist der mittlerweile genannte Sport-Treff-Schüttel Treffpunkt für viele Laufbegeisterte. Nach der Übernahme durch die Freunde des Laufsports mit Kurt Ulreich und Monika Tavernano im Jahr 2009 kamen neue Mitglieder von nördlich der Donau zum Lauftreff. Mittlerweile wird der Sport-Treff-Schüttel geleitet von Tom Pekarek, der schon lange mit dabei ist und die Philosophie des Lauftreffs, die diesen damals begründet hat, heute noch weiterführt. Man möchte fast meinen, der Sport-Treff-Schüttel hätte sich über die Jahre gewandelt und doch ist einiges gleichgeblieben. So das jährliche Vorbereitungstraining auf den Wien Marathon, das wöchentliche Zusammensitzen und auch Gerhard Konrath, der Begründer des ersten Lauftreffs der Stadt, der immer noch mit dabei ist und begeistert vom Schüttel als Teil der Laufgeschichte Wiens erzählt.